2009

Dr. Martina Stallmann / Dr. Karlheinz Thimm

Veröffentlichung:

Der Abschlussbericht ist verfügbar unter: www.esf.brandenburg.de

Auftraggeber

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg.

Aufgabe

Das INIB erhielt im Januar 2009 den Auftrag zu untersuchen, ob Feriencamps für versetzungsgefährdete Schüler/innen aus 9. und 10. Klassen ein geeignetes Förderinstrument darstellen. Angestrebte Effekte sind in Zensuren belegbare Verbesserungen in den Fächern Mathe, Deutsch, Englisch und die Versetzung bzw. der erfolgreiche Schulabschluss zum Schuljahresende im Sommer 2009. Im Wintercamp, das im Februar 2009 stattfand, arbeiteten die Jugendlichen in Lernwerkstätten und in Gemeinschaftsprojekten, begleitet von einem professionsgemischten Team aus Lehrkräften, Sozialpädagog/innen und Jugendleiter/innen. Durch Begleitlehrer/innen an den entsendenden Schulen sollen die Mädchen und Jungen nach dem Camp bis zum Ende des Schuljahres unterstützt werden, den Motivationsschub aus dem Camp „back home“ umzusetzen.

Methoden

Das Untersuchungsdesign sieht Dokumentenanalyse, schriftliche Befragungen, Interviews und teilnehmende Beobachtung vor. Ein Abschlussbericht wurde zum 30.9.2009 vorgelegt.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Zur Unterstützung abschlussgefährdeter Schüler/-innen wurden im Schuljahr 2008/09 zwei Fördercamps in den Herbst- und Winterferien durchgeführt. Die Feriencamps zielten auf die Steigerung der schulischen Leistungen, auf die Verbesserung von Lernbereitschaft und die Erhöhung des Selbstvertrauens. Die Förderofferte besteht aus zwei Teilen, und zwar dem Feriencamp selbst und einer Nach-Camp-Phase, in der den Jugendlichen bis zum Ende des Schuljahres ein/e Begleitlehrer/-in zur Seite gestellt wurde. Untersucht wurde im Schwerpunkt das Wintercamp 2009.

 

1. Zugang und Zielgruppe
Ein Drittel der Campgruppe bestand aus Neuntklässler/-innen, circa zwei Drittel der Campteilnehmer/-innen im Februar 2009 kam aus der 10. Jahrgangsstufe und hatte somit nur noch ein halbes Schuljahr vor sich. Durch Auswertung von Teilnehmerdaten (vor allem Schulnoten, aber partiell auch Daten wie Klassenwiederholung oder unentschuldigte Fehltage – soweit ersichtlich) wurden drei Gefährdungssstufen konstruiert. Circa 17 % der Wintercamp-Jugendlichen mussten auf dieser Erkenntnisgrundlage nicht befürchten, schulisch zu scheitern. 47 % attestieren wir eine mäßige und 36 % eine hohe Gefährdung der Versetzung zum Sommer 2009.
Überwiegend ist es mit Blick auf diese Eingangsdatenbasis weitgehend gelungen, die „richtigen“ Jugendlichen zu finden. Mit Blick auf die 17 % der „zu guten“ Schüler/-innen möchten wir bewertend darauf verweisen, dass stabilere und motiviertere Jugendliche in den Camps produktive Modell- und Peerführungsfunktionen wahrnehmen können. Das starke Gewicht der Schüler/-innen im Abschlussjahr wird auch von den Programmverantwortlichen als suboptimal bilanziert. Als Ziel­gruppe wird der achte Jahrgang favorisiert.

 

2. Durchführung des Camps
Professionelle und Adressat/-innen haben ganz überwiegend gern am Camp teilgenommen. 75 % der Jugendlichen bewerteten das Camp „gut“ oder, so ein Drittel der Teilnehmenden, „sehr gut“, wobei Mädchen und Jungen gleich zufrieden waren. Bei 25 % der Teilnehmenden überwiegen retrospektiv Skepsis oder Ablehnung. Nur sechs von 42 Befragten (14,3 %) vermerken, ihnen hätte „nichts“ gefallen. Der gute Gruppenzusammenhalt unter den Schüler/-innen erreicht bei den positiven Nennungen den Spitzenplatz. Die Stimmung unter den Jugendlichen, unter den Teamer/-innen und zwischen Jugendlichen und Camppädagog/-innen wird von den Mädchen und Jungen in der schriftlichen Befragung zum Ende des Camps mit Noten zwischen „1,8“ und „2,1“ bewertet. Die Zahl der vorfristigen Beendigungen (durch Krankheit, Abbruch durch das Projekt, Un­wohlsein in der Gruppe, Heimweh …) ist mit sechs von 48 Teilnehmer/-innen (12,5 %) im Vergleich mit analogen Vorhaben tolerabel.

 

3. Nach-Camp-Phase
Am Ende des Schuljahres 2008/09 wurden die Begleitlehrer/-innen und die Jugendlichen zur Nach-Camp-Phase schriftlich befragt. Von 27 Begleitlehrkräften haben sich 70 % an der Befragung beteiligt (Rücklaufquote 70 %), womit Daten zu 35 von 45 begleiteten Schüler/-innen zur Verfügung stehen (circa 78 %). Von den Jugendlichen selbst liegen 33 ausgefüllte Fragebögen vor (73 %).
Nur 21 % der Schüler/-innen geben an, sich regelmäßig zu einem festen Termin der Begleitlehrkraft getroffen zu haben (hier herrscht die höchste Zufriedenheit auf Schülerseite), 64 % vermerken unregelmäßige Treffen. 60 % der Jugendlichen finden es „gut“ oder „sehr gut“, dass sie eine Begleitung hatten, 31 % bewerten mit „mittelmäßig“.
Die Begleitlehrer/-innen rubrizieren zu 70 % regelmäßige Teilnahme der Schüler/-innen an den Treffen und in zwei Drittel aller Begleitungen wird „eher viel Interesse“ bei den Lerner/-innen konstatiert. Allerdings wird in weit mehr als der Hälfte der Begleitungsfälle auch geäußert, dass es „eher“ oder „sehr schwierig“ gewesen sei, die Schüler/-innen für die Arbeit in der Nach-Camp-Phase zu motivieren. Wichtigste Themen für die Jugendlichen waren die Versetzung bzw. der Abschluss (94 %) und Hilfe in Problemfächern (64 %), während die Lehrer/-innen ihre Aufgabe stärker in der Förderung der Lernmotivation sahen.

 

4. Ergebnisse zur schulischen Entwicklung vom Halbjahreszeugnis zum Endzeugnis
Mit einer Versetzungs- und Abschlussquote von 69 % (54 % bei den Herbstcampteilnehmer/-innen 2008 und 80 % beim Wintercamp 2009) kann von einer zufrieden stellenden Abschlussquote gesprochen werden. Mädchen schließen das Schuljahr häufiger als die Jungen positiv ab; sie erreichen zu 75 % (Herbstcamp) bzw. 89 % (Wintercamp) eine Versetzung bzw. einen Schulabschluss. Bei Jungen liegen die Anteile bei 20 % (Herbstcamp) und 69 % (Wintercamp). Bei der Beurteilung der Erfolgsquoten ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Mädchen im Schnitt die besseren Ausgangsbedingungen mitbringen. Ob sie auch ohne Camp-Beteiligung ähnlich erfolgreich gewesen wären, lässt sich anhand der vorliegenden Daten nicht entscheiden. Als Tendenz, die jedoch statistisch nicht abgesichert ist, ergibt sich, dass die Schüler/-innen mit größeren Schulproblemen, wie z. B. ehemalige Sitzenbleiber, etwas stärker von der Campzeit profitieren. Sie verbessern sich etwas mehr hinsichtlich der Noten als die anderen, auch wenn es ihnen nicht in allen Fällen gelingt, die Versetzung schaffen. Alle Schüler/-innen der Gruppen mit geringen und mäßigen Leistungsproblemen beenden das Schuljahr erfolgreich. In der höchsten Gefährdungsstufe liegt dieser Anteil lediglich bei 45 %.

5. Entwicklung von Lernmotivation, Selbstkonzept und Sozialkompetenz
Hier können nur vorsichtig Aussagen getroffen werden, da das Untersuchungsdesign keine weit reichenden Schlüsse zulässt. 85 % der Jugendlichen äußern zum Campende ihren Willen und ihre Motivation, das Schuljahr erfolgreich zu bestehen. Sie sehen sich durchschnittlich geringfügig fähiger, fachliche Probleme zu meistern, wobei sich die Mädchen optimistischer als die Jungen äußern.
Die Begleitlehrer/-innen wurden gebeten, die Entwicklung des Arbeits- und Sozialverhaltens einzuschätzen. Die am häufigsten gewählte Kategorie bei der Einschätzung von insgesamt acht Teilaspekten ist, dass alles „gleich geblieben“ sei. Am häufigsten, für 47 % der Schüler/-innen, wird hinsichtlich der Lernmotivation von einer Verbesserung gesprochen, gefolgt von Verbesserungen im Bereich der Leistungsbereitschaft (38 %) sowie der Selbständigkeit (32 %) und Konfliktfähigkeit (32 %).